Dieser Beitrag behandelt alle wichtigen Einstellungen, die Du für die Fotografie der Milchstraße oder des Sternenhimmels vornehmen musst: Angefangen von der manuellen Fokussierung, über die richtige Wahl von Blende und Belichtungszeit bis hin zur korrekten ISO-Empfindlichkeit.
Du interessierst Dich für Fotografie und beim Blick in den Nachthimmel hast Du Dich schon öfters gefragt, wie Du diesen am besten auf ein
bannen kannst? Oder hast Du bereits mit Astrofotos experimentiert und keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt?Die ideale Einstiegslinse in die Landschafts-Astrofotografie: Walimex Pro 12mm f/2* |
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Ich kann Dir zur Beruhigung sagen: Aller Anfang ist schwer, aber mit ein paar Basics wirst Du sehen, dass es absolut kein Hexenwerk ist, den Sternenhimmel oder die Milchstraße zu fotografieren.
Inhalt:
Basics: Kamera, Kamerasensor, Brennweite und Maximalblende
Zunächst einmal die Basics, d.h. die Hardware-Voraussetzungen, die Du benötigst, um Astrofotos schießen zu können:
- Kamera: Du solltest über eine verfügen, an der Du sämtliche Einstellungen wie Belichtungszeit, ISO-Empfindlichkeit und Blende manuell einstellen kannst. Automatikprogramme werden Dir bei Nacht und vor allem bei der Fotografie des Sternenhimmels nicht von Nutzen sein.
- Kamerasensor: Der Sensor muss mindestens 1 Zoll groß sein. Größere Sensoren wie APS-C oder Vollformat sind besser, da rauschärmer.
- Objektiv: Du benötigst ein Objektiv mit einer Brennweite von 24mm (Vollformat) oder kürzer. Die Maximalblende sollte mindestens f/2.8 betragen.
- Stativ: Du benötigst natürlich auch ein Stativ, denn angesichts der langen Belichtungszeiten kannst Du die Aufnahmen nicht frei Hand machen.
Das hört sich schlimmer an, als es ist. Es gibt bereits günstige Kompaktkameras wie die Sony
, mit der Du gute Astrofotos aufnehmen kannst. Die Einstiegshürde ist also nicht sonderlich hoch.Kameraeinstellungen
Nachdem die Basics geklärt sind, kommen wir zu den nötigen Einstellungen:
RAW
Für die Entwicklung Deiner Fotos musst Du Deine Kamera unbedingt auf RAW umstellen. Diese Dateien sind verlustfrei und enthalten sämtliche Bildinformationen, während JPG-Dateien komprimiert sind und nur zu großem Frust bei der Nachbearbeitung führen werden.
Belichtungszeit
Die Belichtungszeit hängt direkt von der Blende und von der Brennweite ab: Je größer die Blendenöffnung, desto mehr Licht kann das einfangen und desto kürzer kann die Belichtungszeit eingestellt werden. Je kürzer die Brennweite, desto länger kann belichtet werden, ohne dass Sterne zu Strichspuren werden.
Wie ich schon mehrfach in anderen Beiträgen schrieb, kann man diese (sehr grob) nach der 500er Formel berechnen, d.h.: 500/(Brennweite x Crop-Faktor). Mit 24mm Brennweite (Vollformat) beträgt die maximale Belichtungszeit bspw. abgerundet 20sec. Belichtest Du Deine Fotos länger, sind am Ende die Sterne nicht mehr punkt- sondern strichförmig, was nicht im Sinne des Erfinders ist.
Die 500er Regel dient dabei wirklich nur als sehr grober Anhaltspunkt und ist teilweise im Netz auch umstritten. Weitere Details zum Thema Belichtungszeit und Objektiv findest Du bspw. hier.
Eine präzisere Alternative liefert die NPF-Regel, die neben der Brennweite auch die Pixeldichte des Sensors sowie die Blende berücksichtigt. Eine umfassende Übersicht inklusive NPF-Rechner findest Du auf der Seite NPF-Rechner: Optimale Belichtungszeit für Astrofotos auf Knopfdruck berechnen.
Eine Gegenüberstellung der 500er Regel und der NPF-Formel sowie weiterführende Informationen findest Du zudem im Beitrag NPF vs. 500er Regel: Optimale Belichtungszeit für Astrofotos.
Blende
Neben der Belichtungszeit spielt natürlich auch die Wahl der richtigen Blende eine wichtige Rolle. Eingangs habe ich bereits geschrieben, dass Dein Objektiv mindestens über eine Maximalblende von f/2.8 verfügen sollte – besser noch größer.
Eine kleinere Blende solltest Du nicht wählen, da sonst nicht genügend Licht auf den Kamerasensor fällt und Du wiederum mit längerer Belichtungszeit oder höherer Lichtempfindlichkeit gegensteuern müsstest.
Sofern die Maximalblende größer als f/2.8 ist, solltest Du idealerweise eine Blendenstufe abblenden, um Verzerrungen im Randbereich Deines
vorzubeugen.ISO-Empfindlichkeit
Neben Blende und Brennweite ist die ISO-Empfindlichkeit die dritte Stellschraube, mit der Du steuerst, wieviel Licht Deine Kamera und Dein Objektiv während der Aufnahme einfangen.
Da höhere ISO-Empfindlichkeiten zwangsläufig mit stärkerem Bildrauschen einher gehen, solltest Du zuerst immer versuchen, die Belichtungszeit und Blende optimal zu wählen und erst dann den ISO-Wert einstellen.
Abhängig von der Menge an Umgebungslicht und Lichtverschmutzung bewegen sich die ISO-Werte normalerweise zwischen 1600 und 6400. Verfügt Deine Kamera über einen ISO-invarianten Sensor, dann kannst Du den ISO-Wert eventuell noch niedriger einstellen.
Manueller Fokus
In der Dunkelheit wird der Autofokus keinen Mehrwert stiften. Die Chancen stehen sogar gut, dass Du mit ihm unscharfe Fotos produzieren wirst. Daher gilt: Stelle Deine Kamera auf manuelle Fokussierung ein.
Fokussiere dann entweder auf ein Objekt im Vordergrund, das Du im Rahmen Deiner Bildkomposition ablichten möchtest, oder alternativ auf einen hellen Stern am Himmel.
Wichtig zu wissen: Selbst wenn Dein Objektiv über eine Unendlich-Markierung verfügt, kannst Du Dich auf diese nicht verlassen. Die wenigsten
auf dem Markt fokussieren bei dieser Einstellung wirklich auf unendlich. Entweder Du markierst daher die richtige Einstellung am Objektiv oder Du stellst, wie oben beschrieben, vor den Aufnahmen manuell auf ein Objekt scharf.Auslöseverzögerung
Wegen der hohen Belichtungszeiten sind schon kleinste Erschütterungen der Kamera kontraproduktiv und führen zu Unschärfen. Du solltest daher unbedingt einen Funkauslöser oder die kamerainterne Auslöseverzögerung verwenden (bspw. 2sec).
Weißabgleich
Den Weißabgleich stellst Du idealerweise vor Beginn Deines Astrofoto-Shootings auf einen festen Wert, bspw. auf 3900K oder Tageslicht. Das erlaubt Dir, während des Shootings verschiedene Aufnahmen miteinander vergleichen zu können.
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Da Du ohnehin mit RAW fotografierst, kannst Du den Weißabgleich im Rahmen der Nachbearbeitung später jederzeit ohne Qualitätsverlust ändern.
Langzeit-Rauschminderung aus
Ist die Langzeit-Rauschminderung (aka Langzeit-RM aka Long Time NR) aktiv, dann wird Deine Kamera nach der eigentlichen Aufnahme des Sternenhimmels bei geschlossenem Verschluss noch ein weiteres Foto mit gleicher Belichtungszeit machen.
Dieser Darkframe dient dazu, die Bildqualität zu erhöhen, indem das Sensorrauschen der dunklen von der eigentlichen Aufnahme subtrahiert wird.
Die Funktion ist ohne Zweifel sinnvoll, aber wenn Du mit Stacking arbeitest und eine Aufnahmeserie des Sternenhimmels anfertigen möchtest, verdoppelt sich die Gesamtaufnahmezeit durch die Darkframes.
Daher gilt: Langzeit-Rauschminderung unbedingt ausschalten, sofern Du mehr als eine Einzelaufnahme des gleichen Motiv machst!
Bildstabilisierung deaktivieren
Wenn Deine Kamera oder Dein Objektiv über einen optischen Bildstabilisator verfügen, dann deaktiviere diesen. Durch die Fotografie mittels
ist der Stabilisator kontraproduktiv und generiert im Worst Case unscharfe Fotos.Fazit
Das war’s eigentlich auch schon. Zu Beginn sind die vorgenannten Punkte sicherlich ob ihrer schieren Anzahl abschreckend, aber sobald Du diese verinnerlicht hast, kannst Du Deine Kamera schnell richtig einstellen. Sicher bedarf das einiger Übung, da ich auch nur Richtwerte angeben kann, jedoch solltest Du bei Beachtung der Punkte schnell zu sehr brauchbaren Ergebnissen kommen.
Ich nutze bspw. die verschiedenen Speicherpunkte meiner Sony-Kameras, um die Astrofotografie-Kameraeinstellungen abzuspeichern und bei Bedarf auch schnell wieder aufrufen zu können. Das spart mir Zeit und reduziert Fehler, da ich mich darauf verlassen kann, dass alle wichtigen Einstellungen mit einem Knopfdruck korrekt vorgenommen werden.
Wenn Du die Einstellungen im Kasten hast, empfehle ich Dir für die Nachbearbeitung mittels Freeware mein Tutorial Milchstrasse fotografieren und entwickeln mit darktable, GIMP und Sequator . Ebenfalls interessant zur Planung und Locationsuche ist der Artikel Standortsuche und Planung von Milchstraßenfotos in lichtverschmutzten Regionen.
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Weiterführende Themen:
- Astrofotografie: Einstieg & Basiswissen
- Astrofotografie FAQ: Häufige Fragen einfach erklärt. Voraussetzungen, Kameraeinstellungen, Bildentwicklung.
- Astrofotografie-Kalender: Mond, Sternschnuppen, Milchstraße und Deep Sky-Objekte auf einen Blick
- Tutorial: Sternenhimmel fotografieren
- Der ultimative Astrofoto-Guide: Brillante Astrofotos der Milchstraße Schritt für Schritt mit Adobe Lightroom LrC, Photoshop, Sequator und StarXTerminator entwickeln.
Lieber Hendrik
DANKE für Deinen wunderbaren Bericht.
Ich würde die Formel wie folgt verwenden:
t(max) ≈ 320 / (Brennweite x Crop)
… also: 320 statt 500 … es zeigt sich, dass mit 500 manchmal doch schon fast Strichlein zu sichten sind statt Sternpunkte …
Bei den ISO-Werten würde ich ebenfalls den Cropfaktor miteinbeziehen für äquivalente Bilder, also:
ISO ≈ 100 bis 6400 ÷ Crop^2
Vorsicht: Crop zum Quadrat! —
Bei APS-C (Crop ≈ 1.5) wären dies dann etwa ISO 100 bis 3000 …
Herzlich liebe Grüße — Martin
Hallo Martin,
freut mich, wenn Dir der Artikel gefallen hat.
Würde ich nochmal in die Materie einsteigen müssen, würde ich mich heute an der NPF-Formel und nicht mehr an der 500er-Regel orientieren. Diese ist präziser und berücksichtigt neben der Brennweite auch die Pixeldichte. Letztendlich geben aber natürlich beide Formeln nur einen groben Anhaltspunkt. Den Rest erledigt dann die Erfahrung. 😉
Beim ISO-Wert habe ich den Crop-Faktor noch nie einbezogen. Letztendlich hat man da, meiner Meinung nach, ohnehin keine große Wahl. Man wählt eben für seine jeweilige Kamera den besten Kompromiss aus Bildqualität und Bildrauschen.
Viele Grüße
Hendrik
Meine Überlegung bez. ISO und Weissabgleich:
die Kamera verstärkt das aufgefangene Licht auf dem Sensor (ISO) digital und rechnet den Weissabgleich rein.
Wenn das so ist, kann man auch mit kleiner ISO fotografieren und Rechner verstärken, da, egal welche ISO eingestellt wird, gleich viel Licht auf den Sensor gefallen ist.
Da du gerne verschiedenstens testest, könntest du auch testen, ob die ISO 100 so hochrechnen kannst?
Ev. hast du so weniger Bildrauschen.
Da mir z. Zt. die Kohle zum Kamera reparieren fehlt, kann ich das jetzt nicht testen.
Hi Dani,
Deine Überlegung ist gar nicht so verkehrt.
Das Ganze nennt sich ISO-Invarianz und bedeutet nichts weiter, als dass es keine Rolle spielt, ob der ISO-Wert an der Kamera angepasst oder im Zuge der Nachbearbeitung die Belichtung angehoben wurde. – Das Bildrauschen bleibt in beiden Fällen gleich.
Zwar sind nicht alle Kameras ISO-invariant, die Alpha 6400 bzw. meine neue Alpha 7 III sind es aber durchaus.
Eine kleine Einschränkung gibt es jedoch: Meist verfügen die Sensoren über zwei Bereiche, die sich bspw. von ISO 100 bis 800 und von 800 aufwärts erstrecken.
Viele Grüße
Hendrik