Nachdem ich nun in vier separaten Beiträgen die optimalen Einstellungen von Blende, Belichtungszeit, ISO-Empfindlichkeit und 500er Regel beschrieben habe, fehlte es bisher an einem Beitrag, der die Zusammenhänge dieser Einstellungsparameter erklärt.
Da es insbesondere bei der Astrofotografie mangels Lichtquellen auf optimale Aufnahmeeinstellungen ankommt, um das Endergebnis bzw. die Qualität zu maximieren, gelingen gute Bilder der Milchstraße erst dann, wenn Blende, Belichtungszeit und ISO-Empfindlichkeit richtig gewählt wurden.
Inhalt:
Recap
Generell ist das Bildrauschen bei der Astrofotografie das größte Problem, das es zu reduzieren gilt. Wegen der langen Belichtungszeiten und der relativ hohen ISO-Empfindlichkeiten, mit denen fotografiert wird, resultiert durch die Signalverstärkung des Kamerasensors bei zunehmender Lichtempfindlichkeit das gefürchtete Bildrauschen.
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Welche Effekte dadurch entstehen können, habe ich im Beitrag Auswirkungen von hitzebedingtem Bildrauschen auf die Qualität von Astrofotos beschrieben.
Nochmals zur Erinnerung: Für gelungene Fotos der Milchstraße muss die Blende möglichst groß, die Belichtungszeit möglichst lang und die ISO-Empfindlichkeit möglichst niedrig gewählt werden.
Da die maximal mögliche Blende und Belichtungszeit keinen negativen Einfluss auf die Bildqualität haben, sofern sie richtig eingestellt werden, sollten diese beiden Parameter immer zuerst optimiert bzw. maximiert werden:
- Bei der Maximierung der Belichtungszeit gilt es, Sternenspuren zu vermeiden. Die 500er Regel oder besser noch die NPF-Formel bieten hier einen groben Anhaltspunkt. Generell gilt: Je länger die Brennweite, desto kürzer die Belichtungszeit.
- Die Blende eines Objektivs sollte für die Astrofotografie mindestens f/2.8 oder größer sein. Um chromatische Aberrationen, Vignettierung und Unschärfe im Randbereich zu vermeiden, empfiehlt es sich zudem, leicht abzublenden – jedoch nicht mehr als bis auf f/2.8.
Erst danach sollte der ISO-Wert angepasst werden, um das Bildrauschen zu minimieren.
Tipp: Verwende den NPF-Rechner, um die optimale Belichtungszeit für Deine Kamera und Dein Objektiv auszurechnen!
Maximierung der Lichtmenge
Um die Lichtmenge, die auf den Sensor fällt, zu maximieren, musst Du folgende Zusammenhänge kennen:
- Die Reduzierung der Blende um eine Blendenstufe entspricht der Halbierung der Belichtungszeit oder der Halbierung der ISO-Empfindlichkeit.
- Die Halbierung der Belichtungszeit entspricht analog dazu der Reduzierung der Blende um eine Blendenstufe oder der Halbierung der ISO-Empfindlichkeit.
- Die Halbierung der ISO-Empfindlichkeit entspricht wiederum der Halbierung der Belichtungszeit oder der Reduzierung der Blende um eine Blendenstufe.
Beispiel: Angenommen Du möchtest ein Foto mit einer Belichtungszeit von 8 Sekunden, einer ISO-Empfindlichkeit von 800 und Blende f/4 machen (die Sinnhaftigkeit dieser Einstellungen hinterfragen wir lieber mal nicht 😉 ).
- Durch Reduzierung der Belichtungszeit auf 4 Sekunden und Erhöhung der ISO-Empfindlichkeit auf 1600 fängt der Kamerasensor die gleiche Lichtmenge wie im Beispiel ein.
- Ebenfalls die gleiche Lichtmenge erreicht den Sensor, wenn Du die Belichtungszeit auf 4 Sekunden reduzierst und die Blende um eine Blendenstufe auf f/2.8 erhöhst.
Beispiel 1
Durch diese Erkenntnis ist es beispielsweise leicht, die Kameraeinstellungen an die Gegebenheiten eines anderen Objektivs anzupassen:
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Normalerweise fotografiere ich mit meinem Samyang 12mm f/2 mit 20sec Belichtungszeit, Blende f/2.8 und ISO 3200. Seit kurzem nenne ich nun jedoch das Objektiv Viltrox 23mm f/1.4 mein Eigen.
Dieses Objektiv habe ich bereits einem ersten Test im Rahmen der Astrofotografie unterzogen. Wegen der längeren Brennweite (Kleinbild-Äquivalent 35mm im Vergleich zu 18mm beim Samyang) wusste ich aufgrund der 500er Regel, dass die Belichtungszeit zur Vermeidung von Sternenspuren 13sec nicht überschreiten sollte.
Da die Belichtungszeit des Viltrox-Objektivs somit nur 65% der des Samyangs beträgt, fängt die Kamera logischerweise bei sonst gleichen Einstellungen nur noch 65% der Lichtmenge ein. Um nun diese geringere Lichtmenge zu kompensieren, könnte entweder die Blende von f/2.8 um 2/3 Blendenstufen auf f/2.2 geöffnet oder die ISO-Empfindlichkeit um 65% auf ISO 5000 angehoben werden.
Wie in der Astrofotografie üblich, sind beide Änderungen mit einem Kompromiss verbunden: Die Öffnung der Blende bringt bei diesem Objektiv eine stärkere Vignettierung, d.h. Randabschattung, mit sich. Dagegen nimmt bei einem höheren ISO-Wert das Bildrauschen bei meiner Alpha 6400 mit ihrem APS-C-Sensor deutlich zu. Letztendlich hat man also die Qual der Wahl.
Beispiel 2
Verwende ich anstatt des Samyang-Objektivs mein Sony SEL-35F18 mit umgerechnet 50mm Brennweite, reduziert sich die maximale Belichtungszeit sogar auf 10sec bzw. da die 500er Regel nur eine Faustformel darstellt, realistischerweise auf 8sec.
Das wiederum bedeutet im Vergleich zum Samyang nur noch 40% der Lichtausbeute bei sonst unveränderten Einstellungen.
Die Kompensation alleine über die Erhöhung der ISO-Empfindlichkeit ist wegen des APS-C-Sensors keine gute Idee, da diese auf 6400 angehoben werden müsste. Einen ersten Test mit diesen Einstellungen habe ich im Beitrag Praxistest: Milchstraße mit 50mm fotografieren – geht das? gemacht. Ergebnis war, dass das Bildrauschen schon sehr präsent ist und das Ergebnis nicht optimal ausfiel.
Alternativ könnte man hier aber wiederum mit einer Mischung aus größerer Blende UND Anhebung der ISO-Empfindlichkeit arbeiten: Öffnet man die Blende bspw. auf f/2.2 um 2/3 Blendenstufen, fällt schon 65% mehr Licht auf den Sensor. Die letzten 35% zur Kompensation könnten nun durch Erhöhung der ISO-Empfindlichkeit von 3200 auf etwa 4000 erreicht werden. Wieder ein Kompromiss, aber immerhin annähernd die gleiche Lichtmenge wie bei den langen Belichtungszeiten des Samyang.
Fazit
Das Verständnis für die Abhängigkeiten zwischen Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert ist für die Astrofotografie elementar.
Meiner Meinung nach wird man auf Dauer nur brauchbare und vor allem reproduzierbare Ergebnisse erzielen, wenn man sich diese verinnerlicht hat.
Zudem kann man sich mit diesem Wissen gut auf ein Shooting vorbereiten und spart sich viel Versuchszeit in der Dunkelheit vor Ort, da man sich schneller an die optimale Belichtung herantasten kann.
Wichtig ist meiner Meinung nach, dass die Erhöhung der ISO-Empfindlichkeit immer die letzte Option sein sollte, da diese als einziger der drei Parameter die Bildqualität negativ beeinflusst.
Gegenwirken kann man diesem Problem in gewissem Umfang jedoch wiederum mit Stacking, d.h. mit dem softwarebasierten Übereinanderlegen mehrerer identitscher Aufnahmen, um das Bildrauschen zu reduzieren. Hier ist im Falle erhöhter ISO-Werte darauf zu achten, dass die Anzahl der Aufnahmen ebenfalls erhöht wird, um das stärkere Bildrauschen zu kompensieren.
Mein Mittel der Wahl beim Stacking des Sternenhimmels ist Sequator, während ich für das Vordergrund-Stacking gerne auf GIMP zurückgreife.
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