Dieser Beitrag beschreibt, wie Du mit GIMP den Vordergrund von Astrofotos freistellen kannst, um diesen separat zum Hintergrund zu entwickeln. Der Workflow ist natürlich universell einsetzbar und muss nicht zwingend auf Fotos des Sternenhimmels oder der Milchstraße angewandt werden.
Der Sternenhimmel bei Landschafts-Astrofotos ist faszinierend – vor allem, wenn der Vordergrund auch Details enthält und nicht nur in Form schwarzer Schattierungen zu sehen ist. Überlege einmal, wie viele Fotos der Milchstraße oder des Sternernhimmels Du schon gesehen hast, die zwar den Himmel gut darstellten, aber einen schwarzen Vordergrund zeigten. – Du kannst Dich nicht erinnern? Vielleicht liegt das daran, dass diese Art Fotos in den meisten Fällen (wohlbemerkt: nicht in allen Fällen) langweilig wirken und viel Potential verschenkt wurde. 😉
Im Rahmen dieses Beitrags möchte ich Dir nun eine Anleitung zur Hand geben, mit der Du – basierend auf ein und dem selben Foto – den Vordergrund und den Hintergrund getrennt voneinander mit darktable und GIMP entwickeln und auf diese Weise noch ein Quäntchen mehr an Farbnuancen und Kontrast aus dem Vordergrund herauskitzeln kannst.
Die zentrale Funktion, um einen solchen Effekt zu erreichen, ist – Du ahnst es vermutlich bereits – die Funktion zum Freistellen von Objekten in GIMP. Ganz konkret geht es darum, Komponenten anhand ihrer Kontrastunterschiede zu umgebenden Objekten zu extrahieren. Das geht insbesondere bei Astrofotos gut, da meist ein Kontrastunterschied zwischen dem Himmel und dem Vordergrund besteht, der als Basis für die Freistellung verwendet werden kann.
Natürlich kann die Freistellung von beliebigen Objekten mit dem hier beschriebenen Vorgehen vorgenommen werden, es müssen nicht zwingend Astrofotos als Grundlage dienen.
Inhalt:
Warum überhaupt den Vordergrund freistellen?
Nehmen wir einmal folgendes Foto als Beispiel:
Das Bild wurde bereits gestackt und in darktable vorbearbeitet. Was jetzt noch fehlt, ist der Feinschliff in GIMP. Dieser umfasst u.a.:
- Sterne reduzieren
- Schärfen
- Entrauschen
- den Kontrast im Himmel erhöhen bzw. den Himmel weiter verdunkeln
Und genau der letzte dieser Punkte ist entscheidend dafür, weshalb Vorder- und Hintergrund getrennt voneinander bearbeitet werden. Denn die Kontrasterhöhung – wahlweise über das Modul Werte oder das Modul Kurven – führt zwar zu einer Verdunkelung des Sternenhimmels, sodass dieser natürlicher wirkt… gleichzeitig verdunkelt sich aber auch der Vordergrund, da die Anpassungen auf das gesamte Bild wirken. Somit tritt genau der Effekt ein, den es normalerweise zu vermeiden gilt: Man sieht nur noch die Konturen des Vordergrundmotivs und mehr nicht:
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Wie gesagt: Das kann zwar in Einzelfällen zum Foto passen – meistens ist das aber nicht so und man würde sich mehr Details im Vordergrund wünschen.
Die Lösung? In einer zweiten Bildebene verwendet man einfach das identische Foto, passt jedoch nicht den Kontrast an, sondern versucht, den Vordergrund freizustellen, um diesen später über das obige Foto zu legen. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Himmel ist schön dunkel und kontrastreich, der freigestellte Vordergrund kann nach wie vor mit (mehr oder weniger) satten Farben und Kontrast aufwarten. Im Ergebnis erhält man mehr Details und ein interessanteres Foto.
Vordergrund freistellen: Schritt für Schritt
Los geht’s nun mit der Schrittt-für-Schritt-Anleitung zum Freistellen von Objekten am Beispiel eines Astrofotos.
Datei öffnen
Zunächst lädt man die zu bearbeitende Datei in GIMP. Eigentlich ein selbstverständlicher Schritt. Sofern Du aber zwei getrennte Fotos für den Vorder- und Hintergrund hast, kannst Du hier alternativ zum normalen Datei öffnen-Dialog im Menü Datei den Menüpunkt „Als Ebenen öffnen“ auswählen. Für jedes selektierte Foto wird in Folge eine extra Ebene angelegt.
Wie das genau funktioniert, habe ich bereits detailliert im Tutorial zur Bearbeitung von Milchstraßenfotos auf der Seite Schritt 4: Feinschliff von Astrofotos der Milchstraße mit GIMP beschrieben. Im weiteren Verlauf werde ich mich daher nur auf das Freistellen beschränken.
Ebene umbenennen und kopieren
Nachdem die Ebenen geladen sind, solltest Du diese entsprechend umbenennen und kopieren. So ist es nachher leichter, wieder zum Ausgangszustand zurückzukehren, sofern die Bearbeitung nicht optimal verläuft. Du kannst dann die originale Ebene einfach erneut duplizieren.
Im Beispiel benenne ich die Ebene als „Original“ und die kopierte Ebene als „Duplikat“.
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Freistellen mit der Funktion „Komponente extrahieren“
Legen wir direkt los mit der Freistellung des Vordergrunds: Dazu wählst Du die Ebene „Duplikat“ aus und öffnest im Menü Farben den Menüpunkt „Komponenten => Komponente extrahieren“.
Daraufhin öffnet sich ein Fenster, in dem Du zunächst ein Häkchen bei „Komponente extrahieren“ setzt und versuchst, durch Auswahl des richtigen RGB-Farbkanals (rot, grün, blau) den optimalen Kanal so zu bestimmen, dass der Kontrast zwischen dem Vorder- und dem Hintergrund möglichst stark ist:
Im vorliegenden Beispiel funktioniert das mit der Einstellung „RGB Rot“ am besten:
Da der Vordergrund freigestellt werden soll, muss der Hintergrund – in dem Fall also der Himmel – vollständig transparent (= schwarz) werden. Das erreicht man wiederum durch Erhöhung des Schwarzwerts im Menü „Farben => Belichtung“:
Du wirst sehen, dass sich der Himmel nun an einigen Stellen schwarz bzw. schwärzer färbt. Sofern Du den Schwarzwert im Fenster „Belichtung“ bereits maximiert hast und der Himmel noch nicht vollständig schwarz ist, wiederhole den Vorgang durch Drücken der Tastenkombination STRG + F.
Tipp: Da Du durch Erhöhung des Schwarzwerts auch den Vordergrundkontrast reduzierst, solltest Du die Anpassungen mit Bedacht vornehmen. Sobald zwischen Vorder- und Hintergrund eine klar abgegrenzte, schwarze Fläche entsteht, kannst Du den Rest des Himmels einfach mit dem schwarzen Stift anmalen:
Nun hat bei den Anpassungen, wie zuvor geschrieben, der Kontrast des Vordergrunds gelitten, sodass dieser erhöht werden muss. Das geht wahlweise über das Menü „Farben => Werte“, indem der Weißpunkt von rechts bis beinahe ganz nach links verschoben wird:
Alternativ dazu kannst Du im Menü „Farben => Kurven“ die diagonale Linie von der rechten, oberen Ecke bis beinahe zur linken, oberen Ecke ziehen:
Tipp: Nach der Kontrasterhöhung kommen möglicherweise wieder einige Farbpigmente im Himmel zum Vorschein. Diese können ebenfalls einfach mit bspw. dem schwarzen Pinsel korrigiert bzw. entfernt werden. Das Endresultat sieht dann so aus:
Ebenenmaske hinzufügen
Wie Du jetzt vielleicht merkst, ist nur noch die eingangs importierte Originalebene übrig, da die Ebene „Duplikat“ nun durch die Funktion „Komponente extrahieren“ komplett verändert wurde. Daher dupliziert man die Ebene „Original“ erneut und benennt das Duplikat mit „Vordergrund transparent“.
Danach fügt man der gerade duplizierten Ebene eine weiße Ebenenmaske hinzu: Rechtsklick auf die Ebene „Vordergrund transparent“ und Auswahl des Menüpunkts „Ebenenmaske hinzufügen“. Die Standardeinstellung „weiß (volle Deckkraft)“ ist korrekt:
Jetzt müssen folgende Schritte ausgeführt werden:
- Auswahl der Ebene „Duplikat“ und drücken der Tastenkombination STRG + C, um diese Ebene in die Zwischenablage zu kopieren
- Danach wird die Ebene „Vordergrund transparent“ selektiert und durch die Tastenkombination STRG + V die Zwischenablage in Form einer schwebenden Auswahl eingefügt
- Die schwebende Auswahl kann einfach durch Klick auf das grüne Ankersymbol auf der Ebenenmaske verankert werden
Fertig. Die Schwarzweiß-Ebene sollte nun auf die Ebenenmaske kopiert worden sein. Durch Anwendung der Ebenenmaske (Rechtsklick auf die Ebene und Auswahl des Menüpunkts „Ebenenmaske anwenden“) erhält man schließlich das finale Foto, nämlich den freigestellten Vordergrund.
Anzeige der freigestellten Ebene
Damit die freigestellte Ebene angezeigt werden kann, deaktiviert man die „Augensymbole“ aller Ebenen mit Ausnahme der freigestellten und das Endergebnis wird sichtbar:
Geschafft!
Fazit
Ich hoffe, dass Dir dieser Artikel hinsichtlich der Freistellung von Objekten weitergeholfen hat. Mit etwas Routine geht das schnell vonstatten. Ich habe hier die Basics gezeigt, sicherlich bietet das Procedere noch Luft nach oben bzw. das Resultat lässt sich noch weiter optimieren. Vielleicht erstelle ich hierzu bei Gelegenheit einen extra Beitrag.
Jetzt fragst Du Dich vielleicht, wie Dir dieses Vorgehen bei der Entwicklung Deiner Astrofotos weiterhelfen soll? Ich entwickle inzwischen prinzipiell Vorder- und Hintergrund getrennt voneinander. Das hat, wie ich oben bereits erwähnte, den Grund, dass ich im Rahmen meines Workflows durch die Kontrasterhöhung im Himmel meist sämtliche Details im Vordergrund verliere. Daher behelfe ich mir in der Regel mit einer separaten Vordergrundebene, die ich auf Basis des gleichen Fotos bzw. einer leicht modifizierten Variante mit anderer Belichtung, freistelle und über den kontrastverstärkten Hintergrund lege.
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Weiterführende Themen:
- Astrofotografie: Einstieg & Basiswissen
- Astrofotografie FAQ: Häufige Fragen einfach erklärt. Voraussetzungen, Kameraeinstellungen, Bildentwicklung.
- Freistellen von Vorder- und Hintergrund mit GIMP
- Astrofotografie-Kalender: Mond, Sternschnuppen, Milchstraße und Deep Sky-Objekte auf einen Blick
- Der ultimative Astrofoto-Guide: Brillante Astrofotos der Milchstraße Schritt für Schritt mit Adobe Lightroom LrC, Photoshop, Sequator und StarXTerminator entwickeln.
hallo,
alles schön verständlich, aber was mache ich mit den übrig gebliebenen 2 Ebenen ? Fehlt der letzte Schritt ?
Ich habe nun die Ebene Ori und Ebene mit freigestelltem Hintergrund – ja und dann ? Ein „finales Foto“ habe ich nicht,
– Ebenen zusammenführen macht alles wieder zum Original – ich wollte doch den Vordergrund separat bearbeiten.
Gruß…
Hi Fred,
ja, ich habe in diesem Beitrag nur die Freistellung des Vordergrunds beschrieben. Sobald dieser in einer Ebene freigestellt wurde, kannst Du die Vordergrundebene einfach über den Hintergrund legen und so beide Ebenen zusammenführen. Den Hintergrund brauchst Du nicht extra freistellen. Sorry, wenn das noch ausführlich erwähnt wurde.
Der Beitrag ist ja nun schon etwas älter und letzten Endes muss man an den Übergängen in GIMP immer mit Ebenenmasken und Transparenz arbeiten, um diese unauffällig zu gestalten.
Viele Grüße
Hendrik