Auf dieser Seite gibt’s ein Tutorial zur Entwicklung von HDR-Fotos mit darktable und GIMP. Angefangen von der Aufnahme, über die Grobentwicklung in darktable bis hin zur Feinarbeit in GIMP.

Wenn ich nicht gerade auf der Jagd nach dem nächsten Foto von der Milchstraße bin, fotografiere ich auch sehr gerne Sonnenuntergänge – vorzugsweise direkt am Berg in Richtung Westen.
Das Problem dabei: Der Dynamikumfang in einer solchen Gegenlichtsituation überfordert nahezu jeden Kamerasensor. Wahlweise kann bei einem klassischen Foto nur der Vorder- oder nur der Hintergrund korrekt belichtet werden.
Abhilfe für dieses Problem schafft HDR (High Dynamic Range). Dabei werden mehrere Aufnahmen unterschiedlicher Belichtungsstufen in einem Bild miteinander verschmolzen und als Ergebnis erhält man das beste aus zwei Welten: Einen korrekt belichteten Vorder- und Hintergrund.
Wie das genau mit darktable & GIMP funktioniert, erfährst Du auf dieser Seite.
Inhalt:
Vorgehen
Im Beitrag werde ich zunächst kurz auf die Kameraeinstellungen eingehen, mit denen ich in der Regel den Sonnenuntergang fotografiere. Danach gibt’s eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für darktable und GIMP.
Das Procedere ist allerdings generell, unabhängig von der verwendeten Software, das gleiche. Sprich: Mit Lightroom und Photoshop lässt sich das Problem genauso gut oder sogar besser lösen:
- Im ersten Schritt fertigt man mehrere Aufnahmen unterschiedlicher Belichtungsstufen an.
- Diese Aufnahmen werden dann in darktable zu einem HDR-Bild umgewandelt.
- Für den Vorder- und Hintergrund werden jeweils separate Fotos entwickelt. Das ermöglicht bei der späteren Finalisierung in GIMP nochmals einen höheren Dynamikumfang. Insbesondere wenn die Horizontlinie nicht über die gesamte Bildbreite sauber vom Vordergrund abgegrenzt ist, hat man es mit GIMP erheblich leichter, die Aufnahmen zusammenzuführen und richtig zu belichten.
- Die beiden Fotos werden als TIFF exportiert.
- In GIMP werden sie wiederum als Ebenen importiert.
- Danach wird der Vordergrund freigestellt und bei Bedarf mittels Farbverlaufsfilter optimiert, um einen sanften Verlauf zwischen Vorder- und Hintergrund zu erzeugen.
- Abschließend folgt der Feinschliff in GIMP, d.h. Kontrast-, Belichtungs-, Sättigungsanpassungen etc.
Wie das nun im einzelnen funktioniert, erfährst Du im nachfolgenden Tutorial.
Kameraeinstellungen und Aufnahme
Für ein HDR-Foto müssen mehrere Aufnahmen angefertigt werden. Idealerweise sollten zwischen den Aufnahmen 1 bis 2 Stops bzw. Blendenstufen liegen, um einen hohen Dynamikumfang abzudecken.
Anmerkung am Rande: Das Wort „Blendenstufen“ an dieser Stelle ist verwirrend, denn die unterschiedliche Belichtung der Aufnahmen nimmt man idealerweise nicht via Einstellungen der Blende vor, sondern mit der Belichtungszeit:
Beispiel: Angenommen, Du hast die optimalen Einstellungen für Deine Aufnahme gefunden und die Belichtungszeit entspricht 1/30sec. Du kannst nun einen Stop unterbelichten, indem Du die Belichtungszeit verdoppelst. Zusätzlich überbelichtest Du eine Aufnahme in gleicher Weise, indem Du die Belichtungszeit auf 1/15sec halbierst.
Dir steht es frei, dabei beliebig viele Aufnahmen machen. Du kannst sogar an Deiner Kamera eine Aufnahmereihe definieren, die genau das oben beschriebene Vorgehen für Dich automatisch erledigt.
Ich gehe in der Praxis so vor, dass ich eine Aufnahme maximal unterbelichte und, davon ausgehend, die Belichtungszeit verdopple, die nächste Aufnahme mache, die Belichtungszeit wieder verdopple usw. usf. – bis ich schließlich bei einer stark überbelichteten Aufnahme lande.
Im Ergebnis habe ich dann daheim am PC die freie Auswahl, welche Aufnahmen ich miteinander kombinieren möchte, da ich tendenziell (bewusst) zu viele Fotos mache.
Um HDR-Aufnahmen zu erzeugen, solltest Du unbedingt im manuellen Modus fotografieren, um Fokus, Blende, Belichtungszeit, Weißabgleich und ISO-Wert selbst festzulegen und um zu vermeiden, dass Deine Kamera zwischen zwei Aufnahmen einen dieser Parameter verändert. So würde nämlich Deine ganze Aufnahmereihe unbrauchbar werden.
Beispiel: Fokussiert Deine Kamera automatisch und ändert sich deshalb im Laufe der Aufnahmereihe der Fokuspunkt, sind unscharfe Bilder die Folge. Gleiches gilt für die oben genannten, anderen Parameter.
Zudem solltest Du Deine Fotos im RAW-Modus aufnehmen, um maximalen Spielraum bei der Entwicklung zu haben.
Dass Du ein Stativ verwenden musst, versteht sich von selbst.
HDR-Bild in darktable erzeugen
Nachdem Du Deine Fotos im Kasten und nach darktable importiert hast, kannst Du ein HDR-Bild ganz einfach erzeugen.
Dazu musst Du Dich auf dem Leuchttisch befinden. Wähle daraufhin diejenigen Fotos aus, die Du zu einem HDR-Bild zusammenfügen möchtest und klicke im rechten Menü im Block „ausgewählte Bilder“ auf die Schaltfläche „HDR erzeugen„:
Das war’s auch schon. darktable erstellt nun automatisch ein neues DNG-File.
Weißabgleich
Lass Dich nicht verwirren. Das vorgenannte DNG-File ist nämlich leider ziemlich unansehnlich und weist bei mir immer einen katastrophalen Grünstich auf:

Das ist per se kein Fehler, auch wenn ich anfangs dachte, dabei würde es sich um einen Bug handeln.
Nach einiger Recherche fand ich heraus, dass darktable nur nicht in der Lage ist, abweichende Farbtemperaturen der Einzelaufnahmen in der neuen HDR-Aufnahme abzugleichen.
Das Problem lässt sich jedoch sehr einfach beheben, indem man eine der ursprünglichen Aufnahmen auf dem Leuchttisch selektiert und den Weißabgleich selektiv kopiert:

Danach wählt man das grüne HDR-Bild aus und fügt den gerade kopierten Weißabgleich per „selektiv einfügen“ ein.
Geschafft. Das HDR-Bild sieht jetzt schon ganz brauchbar aus.
Vorder- und Hintergrund entwickeln
Im Beispiel dieses Tutorials habe ich drei Aufnahmen für die Entwicklung zur Verfügung.
Das erzeugte HDR Bild dupliziere ich in der Dunkelkammer und entwickle einmal den Vorder- und einmal den Hintergund separat, um diese später in GIMP zusammenführen zu können. So kann ich den Dynamikumfang noch weiter spreizen.

Im Falle des Vordergrunds habe ich so viele Details wie möglich herausgearbeitet und dabei in Kauf genommen, dass der Himmel erneut überbelichtet:
- Die Belichtung habe ich hierzu stark nach oben korrigiert, um die Holzstruktur der Bank im Vordergrund zu betonen.
- Kontrast, Sättigung und lokalen Kontrast wurden ebenfalls nach oben geschraubt.
- Mit dem Modul Schatten und Spitzlichter wurden noch ein paar feine Details sichtbar gemacht.
- Letztendlich habe ich noch mit dem Kontrast Equalizer nachgeschärft und entrauscht.
Die für diesen Schritt verwendeten Module sind eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich spare mir an dieser Stelle eine detaillierte Beschreibung, da das nichts am grundlegenden Vorgehen ändern würde.
Wichtig ist, sich nur auf den Vordergrund zu konzentrieren und den Hintergrund zu ignorieren.
Die HDR-Aufnahme weist nun deutlich mehr Details als die Einzelaufnahmen auf und verkraftet starke Belichtungs- und Kontrastanpassungen ohne allzu starkes Bildrauschen zu generieren.
Beim Hintergrund gehe ich ähnlich vor, sprich: In dem Fall ist mir der Vordergrund egal und ich konzentriere die Entwicklungsschritte alleine auf den Himmel.
Das Resultat sieht anhand des Beispielfotos dieses Tutorials so aus:

Als Ergebnis erhalte ich letztendlich zwei rauscharme Aufnahmen, die ich im nächsten Schritt exportiere, um diese dann in GIMP miteinander zu verschmelzen.
Export
Die Entwicklung des Vorder- und Hintergrunds ist in darktable nun abgeschlossen. Die Fotos werden für die weitere Bearbeitung exportiert.
Wichtig ist, die Dateien als TIFF-Dateien mit einer Farbtiefe von 16bit und unkomprimiert zu speichern.
Aufnahmen in GIMP zusammensetzen
Weiter geht es jetzt mit der Bearbeitung in GIMP.
Ebenen
Zuerst werden die beiden TIFF-Dateien aus dem vorangehenden Kapitel als Ebenen nach GIMP importiert:
Menü Datei => Als Ebenen öffnen
Im Ergebnis erhält man zwei verschiedene Ebenen in GIMP, die ich im weiteren Verlauf als „Vordergund“ und „Hintergrund“ bezeichnen werde.
Vordergrund freistellen
Erster Schritt ist die Freistellung des Vordergrunds via der Funktion Komponente extrahieren auf Basis der überbelichteten Vordergrund-Ebene. Wie das im Detail funktioniert, habe ich bereits im Beitrag Astrofotografie mit GIMP: Freistellen von Vorder- und Hintergrund beschrieben.
Zwar handelt es sich hier nicht um Astrofotografie, das Vorgehen bleibt aber identisch.
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Großer Vorteil gegenüber den eher dunklen Astrofotos ist im vorliegenden Fall sogar, dass der Horizont sehr klar abgegrenzt ist und somit die Freistellung wunderbar funktioniert.
Wichtig ist es, eine Kopie des Vordergrunds zu erstellen und die Freistellung darauf anzuwenden, da bei der Komponentenextraktion die zugrunde liegende Ebene nach schwarzweiß konvertiert wird und somit für die weitere Bearbeitung verloren geht:

Das Resultat sieht so aus:

Diese Ebene kopiert man nun mit STRG + C in die Zwischenablage.
Dann fügt man auf der gerade kopierten Vordergrund-Ebene eine Ebenenmaske hinzu (Rechtsklick auf die Ebenenmaske und Auswahl des gleichnamigen Menüpunkts):

Jetzt wird diese Ebene selektiert und die zuvor in die Zwischenablage kopierte schwarzweiß-Ebene per STRG + V wieder eingefügt. Im Ergebnis sieht das folgendermaßen aus:

Durch Klick auf das grüne Ankersymbol kann diese eingefügte Ebene nach unten auf die Ebenenmaske vereint werden.

Hat alles funktioniert, sieht das Gesamtergebnis aus Vorder- und Hintergrund so aus:

Das Problem ist nun, dass der Übergang am Horizont alles andere als unauffällig ist und recht stümperhaft wirkt.
Im nächsten Schritt wird daher der Übergang mit einem Verlaufsfilter abgeschwächt und bearbeitet.
Verwendung von Verlaufsfiltern
Prinzipiell erlauben Verlaufsfilter in GIMP unauffällige Übergänge im Bild. Wie diese funktionieren, habe ich im Beitrag darktable: Fließende Übergänge mit Verlaufsformen geschildert.
Um nun den harten Übergang zwischen Vorder- und Hintergrund zu kaschieren, wird zunächst eine transparente Ebene erstellt:

Jetzt wird der Farbverlaufsfilter auf den kritischen Bereich angewendet:

Damit das funktioniert, muss die in GIMP gewählte Vordergrundfarbe schwarz und die Hintergrundfarbe weiß sein.
Jetzt wird die Verlaufsebene ausgewählt und die Deckkraft reduziert, sodass die darunterliegende Vordergrundebene sichtbar wird.
Der Start und Endpunkt des Farbverlaufsfilters sollte den kritischen Übergangsbereich abdecken:

Mit dem Lasso grenze ich dann noch den kritischen Bereich ein:

Danach wird die Auswahl wieder per STRG + C in die Zwischenablage kopiert.
Jetzt wähle ich die Vordergrundebene aus, zu der ich weiter oben eine Ebenenmaske hinzugefügt habe.
Durch Einfügen der gerade kopierten Auswahl per STRG + V und Klick auf das grüne Ankersymbol wird diese Selektion auf die vorhandene Ebenenmaske kopiert.


Hat alles geklappt, sieht das Ergebnis folgendermaßen aus:

Geschafft, die Grobarbeit ist nun erledigt. 🙂 Der Übergang vom Vorder- zum Hintergrund fügt sich nun absolut harmonisch ins Bild ein und fällt überhaupt nicht mehr auf.
Sättigung, Kontrast, Endergebnis
Was jetzt noch fehlt, ist das Feintuning. Durch Anpassung von Sättigung, Helligkeit und Kontrast werden die Vorder- und Hintergrundebene finalisiert.
Wichtig ist, darauf zu achten, dass beide Ebenen miteinander harmonieren und bspw. auch eine ähnliche Farbtemperatur aufweisen:

Fazit
Das war es auch schon mit dem Tutorial zur Erzeugung von HDR-Aufnahmen mit darktable und GIMP. Ich hoffe, Du fandest es hilfreich und es hat Dir gefallen.
Sofern Du Fragen oder Verständnisprobleme hast, lass es mich gerne in Form eines Kommentars wissen. Ich habe mich in diesem Tutorial bewusst nicht auf jede Kleinigkeit konzentriert, sondern setze gewisse Grundkenntnisse in darktable und GIMP voraus. Ansonsten wäre diese Seite vermutlich auch deutlich länger. 😉
Letztendlich ist es bei der Arbeit mit den Tools wichtig zu verstehen, wo deren jeweilige Grenzen liegen.
Spätestens, wenn die Verwendung und Das Verständnis von Ebenenmasken, Komponentenfreistellung und Farbverlaufsfiltern in GIMP in Fleisch und Blut übergegangen ist, hat man sehr mächtige Hilfsmittel zur Hand, mit deren Hilfe annähernd jedes Problem in der Fotoentwicklung zu meistern.

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Weiterführende Themen:
Die Entwicklung von HDR-Aufnahmen ist nicht ganz selbsterklärend, aber trotzdem recht einfach wenn der Lösungsweg bekannt ist:
https://youtu.be/wCDsF4dvL_I
Hallo Jörn,
sehr informatives und gut erklärtes Video – vielen Dank dafür!
Viele Grüße
Hendrik